Ja zu Solidarität, Nein zu NO-BILLAG!

Menschen mit Behinderungen haben einen völker- und verfassungsrechtlichen Anspruch auf Zugang zu Radio- und Fernsehen. Demzufolge sind die entsprechenden Programme barrierefrei zu gestalten. Die SRG untertitelt aktuell mehr als die Hälfte der Sendezeit. In der sogenannten Prime Time (19.00 – 22.00 Uhr) werden sämtliche Sendungen in den ersten Programmen untertitelt, ebenso Live-Sendungen am Wochenende. Hinzukommen jährlich insgesamt mehr als 400 Sendungen mit Audiodeskription für Menschen mit einer Sehbehinderung (laufende akustische Beschreibung des Filmablaufs) in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Zudem werden die Hauptausgaben der Nachrichten im Fernsehen in Gebärdensprache angeboten. Bis 2022 soll das Untertitelungsangebot auf 80 % ausgebaut werden. Dies erlaubt blinden, gehörlosen, seh- und hörbehinderten Menschen wenigstens zu einem Teil des TV-Angebotes gleichberechtigten Zugang. Ausserdem sind die barrierefreien Informationssendungen zentral für die politische Meinungsbildung. Einen besseren Ausdruck von Service public gibt es wohl kaum.
Für Menschen mit einer Sinnesbehinderung hätte die Annahme der No-Billag-Initiative unhaltbare Folgen. Das Angebot an barrierefreie Sendungen würde massiv reduziert oder ganz gestrichen werden. Ohne Gebührenunterstützung ist es aus wirtschaftlicher Sicht vollkommen unrealistisch, dass diese besonderen Leistungen zugunsten von Menschen mit einer Sinnesbehinderung noch erbracht werden könnten. Die TV- und Radioprogramme würden ausschliesslich nach wirtschaftlichen Kriterien von Privaten produziert werden. Barrierefreie Sendungen sind wirtschaftlich nicht rentabel. Wenn überhaupt, würden daher Angebote in Gebärdensprache, Audiodeskription und Untertitelung von Privaten höchstens als kostenpflichtiges Zusatzangebot zur Verfügung stehen. Der Medienkonsum würde für Kunden mit Behinderungen massiv teurer.
Die Annahme der No-Billag-Initiative würde Menschen mit einer Sinnesbehinderung massiv von der Gesellschaft ausschliessen. Deshalb sagt Procap klar Nein zu dieser höchst unsolidarischen Initiative.
Ilario Bondolfi
Präsident Procap Grischun