Am nationalen INSOS-Kongress 2023 wurde auch eine Initiative des Vereins Movimento, die sich mit dem Recht auf Zugang und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für Menschen mit Behinderungen befasst, mit besonderem Interesse aufgenommen. Im Folgenden bieten wir den Activa-Lesern einen Auszug aus dem Beitrag/Interview, den zwei der Promotoren des „Digit-abile“-Projekts für GRDigital gegeben haben.
Technologie hat das Potenzial, sowohl einzubeziehen als auch auszuschließen
Was sind die größten Herausforderungen bei der Integration von Menschen mit Behinderungen in die digitale Welt?
Selina Liver: „Technologie hat das Potenzial, sowohl einzubeziehen als auch auszuschließen. Lücken in der Medienkompetenz können die Ursache für soziale Benachteiligung sein. Menschen mit Behinderungen sind von vornherein benachteiligt, weil ihnen oft die finanziellen Mittel fehlen, um sich digitale Geräte anschaffen zu können. Außerdem verfügen viele nicht über ausreichende Medienkompetenzen, um die digitalen Angebote zu nutzen. Zudem entsprechen leider die Angebote nicht immer den Bedürfnissen aller. Die unterschiedlichen Qualitäten, die Menschen mit Behinderungen auszeichnen und die Bedürfnisse, die sie im Bereich der digitalen Technologien haben, erfordern flexible und maßgeschneiderte Angebote und Ansätze.
Was tun Sie, um diese Integration zu fördern?
Josy Battaglia: „Konkret haben wir uns als Institution entschieden, Zeit, Geld und personelle Ressourcen zu investieren, um unseren Klientinnen und Klienten ein Ausbildungsangebot in der digitalen Welt anzubieten. Wir haben beschlossen, dass dieses Projekt welches, wie andere Projekte, nicht aus der Leistungsvereinbarung mit dem Kanton finanziert wird, sondern durch Mittel aus privaten Spenden, Vorrang haben soll.
Erleichtern digitale Hilfsmittel das Leben von Menschen mit Behinderungen oder erschweren sie es?
Selina Liver: „Die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist eine Herausforderung für uns alle und birgt Chancen, aber auch Risiken. Dennoch ist sie aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft, wie auch in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) definiert, ist daher, in der sozialpädagogischen Arbeit, ohne die Förderung von Medienkompetenz nicht denkbar. Digitale Medien tragen zur Erhöhung der Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen bei und können neue Möglichkeiten für Kommunikation eröffnen oder sogar Kommunikation erst ermöglichen. Digitale Werkzeuge ermöglichen somit, Barrieren zu überwinden und eine inklusive Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.
Was sollte Ihrer Meinung nach noch getan werden, um die Integration zu fördern?
Selina Liver: „Damit auch Menschen mit Behinderungen gleichermassen von digitalen Technologien profitieren können, sollten diese für alle zugänglich sein. Barrierefreie Websites, in einfacher Sprache, mit klarem Inhalt und lesbarer Schrift, einfache Webdesigns mit Bildern und Multimedia (siehe zum Beispiel einfachsurfen.ch). Förderung der Ausbildung, um die Medienkompetenz von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen. Projekte wie das unsere sichtbar machen, sowohl auf Plattformen für soziale Arbeit als auch auf solchen, die sich der digitalen Welt widmen.“
Nach der Umsetzung des Pilotprojekts am Standort Poschiavo wurde die digitale Begleitung 2024 auch an den Movimento-Standorten in Samedan und Scuol eingeführt.
Die vollständige Fassung des Beitrags/Interviews finden Sie unter: www.grdigital.digital/it/blog/movimento-poschiavo
Das Video über das Projekt „digit-able: digital for all“ finden Sie unter: www.movimento.ch/wohnen-und-arbeiten/videos/
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Movimento ist in Südbünden der Ansprechpartner für die vorübergehende oder langfristige Betreuung von Menschen, die in ihrer Lebensbewältigung eingeschränkt sind. Die drei Kompetenzzentren Movimento Samedan, Movimento Poschiavo und Movimento Scuol führen Angebote in den Bereichen Wohnen, Beschäftigung und Arbeitsintegration. Rund 100 Personen, primär Menschen mit Behinderung sowie Personen in Arbeitsintegrationsmassnahmen, nutzen die verschiedenen Betreuungsangebote.
Selina Liver ist seit August 2019 Sozialarbeiterin Geschützte Arbeitsplätze und Mitglied der Fachstelle Agogik bei Movimento Poschiavo.
Josy Battaglia ist seit Oktober 2014 Standortleiter von Movimento Poschiavo